Bereits an seinem 10. Geburtstag bestieg Hermann Buhl mit dem Vater seinen ersten Berg, den 2600 m hohen Glungezer, nahe seines Wohn- und Geburtstortes Innsbruck. Nach und nach erkundete er die Bergwelt rund um Innsbruck (Nordkette, Karwendel). Der Wunsch, ein Bergsteiger zu werden verfestigte sich in ihm bereits in dieser Zeit.
Mit der Aufnahme in die Jungmannschaft des Alpenvereinssektion Innsbruck eröffnete sich ihm die Welt des Kletterns. Die Wäscheleine der Oma, welche bei ersten Kletterversuchen diente, wurde durch echte Seile ersetzt. Hermann Buhl erlernte schnell die richtigen Seiltechniken und kletterte bereits mit 18 Jahren im damals höchsten Schwierigkeitsgrad (VI) in den Kalkkögeln und dem Wilden Kaiser Gebiet.
„Eine Reihe von Touren bringt dieser Sommer noch. Bergfahrten aller Art: harten Kampf, freudiges Erlebnis, beschauliches Genießen. Aber ungestillt bleibt das Verlangen. Das muss wohl in mir liegen. Wenn auch mancher Wunsch in Erfüllung ging, jede Erfüllung löst wieder neues Begehren aus. Jeder geglückte Abschluss einer Fahrt wird bereits zum Auftakt zur nächsten. Wenn ich mich nach hartem Kampf auf der sonnigen Gipfelfläche ausruhe, so sind die Gedanken schon wieder weit, weit weg, woanders. – Die Sehnsucht kennt keine Grenzen, kein bleibendes Ziel.“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 40
Als Speditionslehrling verfügte er über sehr geringe finanzielle Mittel und gab sein Erspartes für die sonntäglichen Bergfahrten aus.
„Die ewige Geldkalamität bestimmte natürlich auch mein Tourenprogramm. Teure Eisenbahngelder auszugeben kann ich mir nicht oft leisten. Wenn man doch ein Fahrrad hätte! Gott sei Dank liegen aber in Innsbruck die Berge sozusagen vor der Türe. Und was für Berge!“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 34
Mit 19 Jahren wurde Hermann Buhl zum Wehrdienst einberufen. In seiner ersten Zeit beim Bundesheer war es ihm noch möglich, seine bergsteigerischen Ziele weiter zu verfolgen (z.B. Erstbegehung der Mauk-Westwand, die schwerste Wand im Wilden Kaiser). Doch dann erfasste ihn der Krieg und Gefangenschaft, er wurde zu einer zweijährigen Pause gezwungen.
Danach investierte Hermann Buhl wieder viel in das Training am Berg, um seine verlorene Kraft wiederzuerlangen. Als gebürtiger Innsbrucker „Bergbua“ pflegte er auch den Kontakt zum Schnee auf seinen Skiern.
„Ja der Schnee…nicht nur in den Lawinen liegen seine Gefahren. Zum letzten Mal war ich im Februar Skilaufen. Ich war wieder einmal auf der Seegrube bei Innsbruck und nahm mir wegen des guten Schnees etwas zuviel „Kraut“ heraus. Zuviel Schneid. Die Piste war einfach großartig [..] Der Enderfolg: eine Bänderzerrung im Knie. – Gipsverband.“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S.69
Mit 22 Jahren begann Hermann Buhl das bergische Wunderland der Dolomiten zu erkunden. Mit Herbert Eberharter begab er sich erstmals zu der Zinnengruppe und zur Civetta. Die große Zinne Nordwand wurde durchstiegen. Der Weg über den Brenner nach dem Süden wurde zu seiner zweiten Heimat.
„Und doch sind wir nur Zwerge, lächerliche Zwerge, winzig klein angesichts dieser Nordwände. Wir spüren die Größe, die Macht der Riesen.“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 73
Neben seiner Bergsteigerei drückten Hermann Buhl jedoch Berufssorgen.
„Dein Beruf ist dir eben Nebensache – bekomme ich zu hören. […] Wenn es um […] die Berufung ginge, dann wüsste ich schon, was ich werden wollte – Bergführer, ja, das wäre der rechte Beruf für mich! Aber dazu gehört Zeit und Geld. Doch ich muss zunächst erst einmal leben. So nehme ich wieder eine Aushilfsstelle an, diesmal in der Werkstätte eines Sportgeschäfts. Skibindungen und Stahlkanten zu montieren ist für mich ja kein Problem […]
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S.76
Kreuz und quer durchwanderte Hermann Buhl die Dolomiten. Furchetta – Rosengarten – Civetta – Pala – Brenta oder der direkte Anstieg auf die Marmolata (höchster Berg der Dolomiten, 3340m) waren die Meilensteine.
Als besondere Leidenschaft sah Hermann Buhl bald auch Winterbesteigungen. Mit 24 Jahren begann er die ersten Durchgehungen im Winter (Schüsselkarwand in den Kalkkögeln)
„Das winterliche Hochgebirge erschloss mir eine neue Welt, eine Welt, in der der Ski nur Mittel zum Zweck war. Dort, wo die Spuren der Skifahrer zu Ende gingen, tat sich für mich ein anderes Reich auf […]. Einmal richtig mit Schnee und Eis kämpfen und nicht bei Maienlüften in der Frühjahrssonne auf trockenem Fels höherturnen. “
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 91
Neben diversen Alleingängen in seinen heimischen Gebieten, Winter wie Sommer, machten auch die Westalpen vor ihm keinen Halt (Grand Charmoz, Jorassepfeiler, Aiguille Noire, Nordostwand des Piz Badile).
Sein weiterer, angedachter Berufsweg als kaufmännischer Angestellter gedachte er bald nicht mehr auszuführen. Aushilfsarbeiter wollte und konnte er auf Dauer auch nicht bleiben. Also verfolgte er den inneren Drang Bergführer zu werden. Auf seinem Weg des Trainings für dieses Ziel durchstieg er die Gleirschkette bei Scharnitz im Winter mit 25 Gipfeln in 33 Stunden.
Um sich in der Wintersaison neben der Bergführertätigkeit über Wasser zu halten, arbeitete er als Skilehrer am Hochkönig.
„Wenn es mir dann mit viel Geduld gelingt, den Anfängern beizubringen, wie man mit Skiern die Richtung ändert, so fühlen sie sich schon als Könige, während ich für meine Person skiläuferisch degeneriere. Dem muss abgeholfen werden. Darum trainiere ich: Langlauf. Er führt mich öfters über die Grenze nach Deutschland.“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 156
In der bayerischen Ramsau lernte er seine Frau Eugenie, „Generl“ Högerle kennen, die er mit 27 Jahren heiratete. In den nächsten Jahren wurde er Vater von drei Töchtern Kriemhild, Silvia und Ingrid.
„Ich übernehme Führungstouren. Ich habe ja nun für eine Familie zu sorgen! Gesetzte Herrschaften führe ich am Seil auf die Berge der Ötztaler Alpen. Immer denselben, leichtesten Anstieg. Sehnsüchtig schweifen dabei meine Blicke hinüber zu den dunklen Zacken der Dolomiten. Hatten jene, die sagten: „Nun ist es aus mit dem Hermann!“, recht behalten? Ein ganzes Jahr vergeht so, die großen Bergfahrten bleiben nur noch Wunschträume.“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 157
Aus finanziellen Engpässen seiner Tätigkeit als Bergführer und einer bevorstehenden Zwangsräumung seiner Wohnung in Innsbruck, befreite ihn mit 28 Jahren die Anstellung beim Sporthaus Schuster in München als Bergsportartikel- und Ausrüstungsberater sowie Tourenführer. Mit seiner Familie verließ er sein geliebtes Tiroler Land und zog nach München.
„Meine Frau ist gerade wieder einmal bei ihren Eltern in der Ramsau – diese Zeit muss genützt werden. Wenn wir Bergsteiger auch unseren eigenen Kopf haben, so legt man doch großen Wert auf den Familienfrieden. Was man dabei an Quantität der Bergfahrten einbüßt, muss an Qualität herausgeholt werden.“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 157
In diesem Sinne wagte er sich an ein großes Ziel, die Wand der Bewährung – Eiger-Nordwand.
„Im Sommer 1952 sollte mein alter Wunsch, die eigene Kraft an der großen Wand erproben zu dürfen, in Erfüllung gehen. Ein wohlvorbereiteter, kühn-großartiger Gang zum Berg sollte es werden. Ein erbitterter Kampf ums Leben wurde es.“
Achttausend drüber und drunter, Piper Verlag GmbH, München 2005, S. 165
Im selben Jahr wurde er zur deutsch-österreichischen Willy-Merkl-Gedächtnis-Expedition zum Nanga Parbat unter der Leitung von Dr. Karl Herrligkoffer eingeladen. Als Vorbereitung darauf bewältigte er die Wintererstbegehung der Watzmann Ostwand im Alleingang.