Hypoxie in der Tiefe – Tauchen

Als Institut der Hypoxieforschung beschäftigen wir uns mit den Auswirkungen des Druckunterschiedes beim Tauchen. Im Gegensatz zu Veränderungen des Luftdrucks in verschiedenen Höhen ist die Druckänderung bei wechselnder Wassertiefe wesentlich stärker ausgeprägt. Diese physikalischen Unterschiede haben einen grundlegenden Einfluss auf die Physiologie unseres Körpers. Das Verständnis der physiologischen Veränderungen ist wichtig, um die unmittelbaren körperlichen Auswirkungen beim Tauchen und tauchbedingte Probleme einschätzen zu können.

Physik des Tauchens

Das Wasser besitzt eine höhere Dichte als Luft und ist im Gegensatz zu Luft inkompressibel. Auf Meereshöhe beträgt der Luftdruck ca. 100 kPa (1 bar). Der Luftdruck verringert sich pro 1000 Höhenmeter um ca. 10 kPa (0,1 bar), wohingegen eine Tiefenänderung im Wasser von 10 m eine Druckerhöhung von 100 kPa bzw. 1 bar bedeutet. Wenn nun ein/e Taucher/in sich auf 20m Tiefe befindet, lastet ein Gesamtdruck von 300 kPa (3 bar) auf ihm/ihr. Bei der Bestimmung dieses Gesamtdruckes muss der an der Wasseroberfläche herrschende Luftdruck berücksichtigt werden:

Umgebungsdruck = Luftdruck + Wasserdruck

Ein kleiner Unterschied gilt für Süßwasser und Salzwasser. Salzwasser hat eine höhere Dichte, je nach Salzgehalt des Meeres. Dadurch hat Salzwasser einen minimal höheren Druck als Süßwasser. Dieser Unterschied ist jedoch physiologisch unbedeutend (1).

Die größten Veränderungen beim Tauchen erfolgen zwischen 0 und 10 Meter Wassertiefe, da hier bereits ein Druckverdoppelung stattfindet. Durch die Erhöhung des Umgebungsdruckes kommt es zu einer analogen Partialdruckerhöhung der Atemgase. Der Gesamtdruck eines Gasgemisches (z.B. Luft) setzt sich aus den Komponenten der Partialdrücke (u.a. Sauerstoff und Inertgas) zusammen (Gesetz von Dalton). Dabei wird das Blut und das Körpergewebe mit Inertgas angereichert (beim Sporttauchen ist Inertgas üblicherweise Stickstoff). Dies ist vor allem für die Verwendung der Atemgeräte beim Tauchen von Bedeutung. Bei Sporttauchern/innen handelt es sich in der Regel um Druckgasbehälter, die mit 200 bar Luft gefüllt sind. Ambitionierte Sporttaucher/innen benutzen auch künstliche Gasgemische, wobei die Druckgasbehälter einen reduzierten Stickstoffanteil bei erhöhtem Sauerstoffanteil aufweisen (NITROX) (2).

Physiologie des Tauchens

Durch den erhöhten Umgebungsdruck unter Wasser wird der menschliche Organismus erheblich belastet. Das Verständnis der physiologischen Veränderungen ist wichtig, um die unmittelbaren körperlichen Auswirkungen beim Tauchen und tauchbedingte Probleme einschätzen zu können, wie zum Beispiel die Überdehnung der Lunge oder das (Unterdruck-)Barotrauma, eine Druckdifferenz-bedingte Schädigung der Nebenhöhlen und des Mittelohrs.

Wenn während des Abtauchens ein Druckausgleich nicht erfolgt, kann es zu negativen Druckdifferenzen in den gasgefüllten Hohlräumen des menschlichen Körpers kommen. Wenn der Unterdruck im elastischen Hohlraum Lunge zu groß wird und die Kompensationsmöglichkeiten des Organs ausgeschöpft sind (starkes Hochwölben des Zwerchfelles, vermehrte Füllung der Lungengefäße), wirkt sich dieser wie ein Sog aus. Dies kann zu einem venösen Rückstau im Lungenkreislauf mit massiver Rechtsherzüberlastung führen. Dies äußert sich in Atemnot, Brustschmerzen u.ä. Davon sind am ehesten Freitaucher betroffen, die die individuelle Freitauch Grenztiefe (ca. 30m Wassertiefe) überschreiten. Seltener betroffen sind Gerätetaucher.

Die größte Gefahr für Taucher/innen ist das Unterdruckbarotrauma des Mittelohres (auch Taucherkrankheit genannt). Wenn ein relativer Unterdruck im Mittelohr entsteht, kann es zu einem Verschluss der eustachischen Röhre kommen. Dies hat eine verstärkte Wölbung des Trommelfells nach innen zur Folge, was einen stechenden Schmerz aufgrund der Trommelfelldehnung auslöst. Der Unterdruck im Mittelohr kann durch zu schnelles Abtauchen entstehen, durch einen mangelnden Druckausgleich oder durch eine Erkältung/Grippe. Eine Überdehnung des Trommelfells kann zu einem Trommelfellriss führen. Um diesen vorzubeugen, ist es wichtig im Wasser langsam aufzusteigen und an Land HNO-ärztliche Hilfe sofort aufzusuchen (3).


Quellen

(1) Wenzel, J., & Muth, C. M. (2002). Physikalische und physiologische Grundlagen des Tauchens. Deutsche Zeitschrift Für Sportmedizin, 53(6).
(2) Zenske, A. (2017). Auswirkungen von Sauerstoff-angereichertem Atemgas auf Sporttaucher (Doctoral dissertation).
(3) Lin, Y. C. (1988). Applied physiology of diving. Sports medicine, 5(1), 41-56.